Deutschland wird zum Nationalstaat
Denkt man an Preußen, denkt man an Militarismus. Nicht ohne Grund ging Friedrich Wilhelm I. (pr. König zwischen 1713-1740) als "Soldatenkönig" in die Geschichte ein. Er sortierte das Staatswesen neu und drückte der Gesellschaft einen soldatischen Stempel auf. Gleichwohl ist wahrscheinlich eine der bekanntesten preußischen Könige Friedrich II., den man damals liebevoll den "Alten Fritz" nannte.
Er trieb während seiner Regentschaft ab 1740 die Ausweitung der Verwaltung und Wirtschaft voran, was in erster Linie dazu diente, Preußen zu einer der großen Militärmächte in Europa zu formen. Den Nachbarn Frankreich, Österreich und Russland sagte das natürlich gar nicht zu.
Dann kam es zu einer großen Zäsur: Napoleon Bonaparte überrollte halb Europa. Insbesondere für Preußen standen schwierige Zeiten an, da man anerkennen musste, dass man Napoleon unterlegen war. Doch dieser scheiterte bei seinem Russlandfeldzug, später bei der Völkerschlacht bei Leipzig und schlussendlich bei Waterloo. Während auf ihn das Exil wartete, trafen sich die europäischen Königshäuser 1815 in Wien, um die Landkarte Europas neu zu ordnen, ein erneutes Aufbegehren Frankreichs zu unterbinden und dem "gefährlichen Gedankengut" der Französischen Revolution endlich Einhalt zu gebieten.
Das Ergebnis war ein erstarkte und deutlich größeres Preußen sowie der Deutsche Bund, der allerdings unter Einfluss Österreichs stand. Ach ja: Und Preußen, Österreich als auch Russland bildeten fortan eine "Heilige Allianz", um Europa im Fall des (erneuten) Falles vor Frankreich zu schützen. Diese Allianz hielt allerdings gerade einmal bis in die 1860er-Jahre - genau wie der Deutsche Bund und der Frieden zwischen Preußen und Österreich.
In den 1860er-Jahren führte Russland Krieg gegen das Osmanische Reich (Krim-Krieg) und offenbarte seinen Nachbarn damit seine Expansionsdrang. Preußen und Österreich waren zwar in diesen Krieg nicht involviert, fühlten sich aber fortan bedroht, was massive Festungsbauprogramme entlang der damaligen Grenze zum russischen Zarenreich zur Folge hatte. Das Ringen zwischen dem Königreich Preußen und Österreich um eine Vormachtstellung im deutschsprachigen Raum entschied sich auch in dieser Zeit durch den sog. Deutsch-deutschen Krieg. Preußen siegte. Kurz darauf folge der Deutsch-französische Krieg. Es war eigentlich eine Auseinandersetzung zwischen Preußen (übrigens unter Wilhelm I. - König von Preußen) und Frankreich, doch Otto von Bismarck (preußischer Ministerpräsident) schmiedete ein breites Bündnis deutscher Staaten gegen den gemeinsamen Feind.
18. Januar 1871 - Schloss von Versailles: Obwohl der Deutsch-französische Krieg noch tobte, wurde der preußische König Wilhelm I. zum deutschen Kaiser ausgerufen. Das bereits eingeübte Tandem Wilhelm I. und Otto von Bismarck bestimmten fortan die deutsche Politik. Unter ihrer Führung wurde Deutschland außenpolitisch in Europa eine wirtschaftlich und militärisch starker Nationalstaat.
Und es wurde in dieser Zeit ein massives Festungsbauprogramm auf den Weg gebracht, um einerseits die deutsch-französische Grenze bzw. das annektierte Grenzland Elsass-Lothringen und andererseits die Grenze zu Russland militärisch zu sichern.
Die Nachbarn sahen das starke Deutsche Kaiserreich als natürlich auch die Festungsbauprogramme mit großem Argwohn. Das galt insbesondere für Frankreich - nicht zuletzt, weil man die Schmach des verlorenen Krieges 1870/71 nicht überwinden konnte. Zentrales Ziel der Bismarck'schen Außenpolitik war es daher, im Fall eines Krieges Deutschland vor einem Zweifrontenkrieg gegen Frankreich und Russland zu schützen.
Kaiser Wilhelm I. verstarb am 9. März 1888. Drei Tage später wurde sein Sohn, Friedrich III., zum neuen Kaiser proklamiert. Bereits 99 Tage nach seinem Amtsantritt, am 15. Juni 1888, starb Friedrich III. an Kehlkopfkrebs.
Es begann die Ära von Kaiser Wilhelm II.. Er war der letzte Deutsche Kaiser und führte Deutschland 1914 in den Ersten Weltkrieg.
Spätestens unter ihm stieg Deutschland zu einer wahren Großmacht in Europa mit enormer militärischer Stärke auf. Triebfeder dafür war die deutsche Wirtschaft - getrieben von wissenschaftlichen Erfolgen und einer modernen Stahl- bzw. Rüstungsindustrie, die in Europa vergleichbares suchte. Er änderte auch die Außenpolitik. Das begann mit der Verabschiedung Otto von Bismarck, setzte sich durch eine veränderte Bündnispolitik fort und fand seinen Höhepunkt, indem er für Deutschland eine "Weltgeltung" in Anspruch nahm.
Historiker sagen häufig, dass damals bereits der Grundstein für den Ersten Weltkrieg gelegt wurde.
Obwohl Kaiser Wilhelm II. immer wieder seinen guten und friedlichen Willen bekundete, zerschlägt er durch wenig diplomatische Aussagen und wechselhaftem Verhalten viel Porzellan. All dies lieferte den Ententemächten, die sich durch das wirtschaftlich und militärisch aufstrebende Deutschland bedroht fühlen, Anlässe, sich durch neue Bündnisse zu formieren.
Das trieb Deutschland in die Isolation. Österreich war einer der wenigen Verbündeten. Und als in Sarajevo der österreichische Thronfolger erschossen wurden, begannen die Dinge aus dem Ruder zu laufen. Es folgten die Schrecken des Ersten Weltkriegs - mit Millionen toter und verwunderter Soldaten, unendlichem Leid und schweren Folgen für die deutsche Geschichte in den Jahrzehnten danach.
Aufgrund der kurzen Amtszeit wird er auch als „99-Tage-Kaiser“ bezeichnet. Gerade einmal zehn Tage nach seinem Tod wurde sein 29-jähriger Sohn als Kaiser Wilhelm II. inthronisiert.
Mit dem Tod Friedrich III. und der Machtübernahme Wilhelm II. ging auch nach und nach die Ära Otto von Bismarcks zu Ende. Er wurde 1890 aus seinem Amt entlassen. Damit änderte sich auch grundlegend die deutsche Außenpolitik. Historiker sagen heute häufig, dass damals bereits der Grundstein für den Ersten Weltkrieg gelegt wurde. Denn: Fortan formulierte Kaiser Wilhelm II. für Deutschland eine ‚Weltgeltung‘. Er verabschiedete sich von der bisherigen Bündnispolitik und versuchte dem wirtschaftlich starken Deutschland eine Vormachtstellung zu sichern. Obwohl Kaiser Wilhelm II. immer wieder seinen guten und friedlichen Willen bekundete, zerschlägt er in den Folgejahren durch wenig diplomatische Aussagen und seinem wechselhaften Verhalten auf europäischer Bühne viel Porzellan. Er überschätzt seinen Einfluss – beispielsweise auf den verwandten russischen Zaren. All dies lieferte den Ententemächten, die sich durch das wirtschaftlich und militärisch aufstrebende Deutschland bedroht fühlen, willkommene Anlässe, sich durch neue Bündnisse zusammenzuschmieden. Das wiederum führt dazu, dass sich das Deutsche Kaiserreich eingekreist fühlt und in Österreich seinen letzten großen Verbündeten sieht.