Schlachten im Ersten Weltkrieg - Alpenfront 1915 - 1918

Österreich-Ungarn und Italien: Eine schwierige Nachbarschaft

Das war schon eine verzwickte Situation zu Beginn des letzten Jahrhunderts: Offiziell waren die Monarchien Österreich-Ungarns und Italien verbündete. Sie bildeten zusammen mit dem Deutschen Kaiserreich den sogenannten Dreierbund. Die Donaumonarchie in Wien traute seinen südlichen Nachbarn nicht. Das hatte seinen Ursprung bereits im früheren 19. Jahrhundert. Einst reichte der Machtanspruch Wiens bis weit in Norditalien hinein: So gehörten die Lombardei, Trentino, Südtirol und Venetien bis Mitte des Jahrhunderts noch zu Österreich-Ungarn. Die italienischen Unabhängigkeitskriege, die Italien mit seinem nördlichen Nachbarn führte, hatten allerdings zur Folge, dass die Lombardei und Venetien Italien zufiel und Österreich-Ungarn eine "Keilspitze" beherrschte - bestehend aus Trentino und Südtirol.

Geschockt vom Verlust wichtiger norditalienischen Regionen begann Österreich-Ungarn dann im Verlauf des 19. Jahrhunderts seinen Machtanspruch in der Region mit neu errichteten Festungen zu unterstreichen. Anfangs begann man wichtige Pässe und Verkehrswege militärisch zu sichern und die Stadt Trient zu einer Gürtelfestung auszubauen. Später folgten weitere Festungen unweit der damaligen österreich-ungarisch-italienischen Grenze. Beispiele dafür sind die Werkgruppe Lavarone-Folgeria (südöstlich von Trient gelegen) oder die weiter nördlich erbaute Sperre Landro-Plätzwiese. Mit der Zeit gehend handelte es sich bei diesen Werken um sehr moderne Festungsanlagen, bei denen man verschiedene, vom Deutschen Kaiserreich entwickelte Konzepte zum Bau neuer Panzerfestungen übernahm. Wesentlichste Merkmale waren die neuen Panzertürme zum Schutz der 10-cm-Turmhaubitzen oder die gepanzerten Maschinengewehrstellungen. Siehe: Österreich-Ungarische Panzerfestungen.

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs waren verschiedene dieser Festungen noch nicht hundertprozentig oder gerade erst fertiggestellt. Und andere Festungen wiederum (wie beispielsweise die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts rund um Trient gebauten Werke) galten bereits als maßlos veraltet. Unterstützt mit schwerer Artillerie hätten die Italiener sie in kurzer Zeit niederkämpfen können. Dennoch setzte Österreich-Ungarn auf die verbliebene Kampfkraft all seiner Werke im unzugänglichen gebirgigen Gelände und spekulierte darauf, dass der Gegner seine Artillerie just wegen der schwierigen geografischen Gegebenheiten nicht nah genug an die eigenen Festungen heranführen könnte.

23. Mai 1915: Italien erklärt Österreich-Ungarn den Krieg

Alpenkrieg 1915-1918 aus Österreichs Volksbuch vom Weltkrieg

Quelle: Österreichs Volksbuch vom Weltkrieg, Wien 1934 / Alpenkrieg 1915-1918 aus Österreichs Volksbuch vom Weltkrieg

1914, bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs, blieb Italien zunächst neutral, obwohl es seit 1882 Mitglied des bereits erwähnten Dreierbundes mit Österreich-Ungarn und dem deutschen Kaiserreich war. Tiroler Einheiten wurden vielmehr an der Ostfront eingesetzt - vor allem in Galizien. Im Frühjahr 1915 offenbarte dann Italien seine wahren Interessen. Getrieben von eigenen territorialen Interessen und dem Wunsch, ehemals italienisches Staatsgebiet wieder zurückzugewinnen, schloss sich das italienische Königshaus der Ententmächte an und erklärte am 23. Mai 1915 Österreich-Ungarn den Krieg.

Der Kriegseintritt Italiens erfolgte, obwohl das Kaiserreich Österreich-Ungarn inzwischen bereit war, den Trentino wieder an den südlichen Nachbarn abzutreten. Im Gegenzug sollte das Land allerdings weiterhin neutral bleiben. Im Gegensatz dazu bot Großbritannien für ein Bündnis mit der Entente der italienischen Krone deutlich mehr und erfüllte 1915 praktisch alle Wünsche - insbesondere dem nach der Rückgabe ganz Südtirols an Italien.

Aus der Sicht der Waffenbrüder Österreich-Ungarn und Deutschland war das ein katastrophaler Wendepunkt im Ersten Weltkrieg. Das Kräfteverhältnis wurde massiv verschoben und Österreich-Ungarn war damit – wie bereits das deutsche Kaiserreich – ebenfalls in einen Zweifrontenkrieg verwickelt. Im Osten stand man starken russischen Verbänden gegenüber und im Süden begann ein blutiger Gebirgskrieg. Die südliche Frontlinie verlief über rund 3.500 Kilometer Luftlinie westlich vom Ortlergebirge (nahe der Schweizer Grenze) nach Süden an Trient vorbei, um in einem Bogen nördlich von Cortina mitten durch die Dolomiten zu führen. Die höchste Stellung lag auf dem Ortler auf 3905 Meter, die tiefsten Gletscherstollen in der Marmolata.

Der Krieg in den Alpen, den Österreich-Ungarn mit Italien in den Jahren 1915 bis 1918 führte, war extrem blutig und verlustreich. Wie an der Westfront entwickelte sich der Gebirgskrieg bald zu einem erbittert geführten Stellungskrieg. Trotz regelmäßiger Vorstöße konnte keine Partei einen nennenswerten Geländegewinn verzeichnen. Im Gegenteil: Mit jedem Vorstoß stieg die Zahl der Toten erheblich und die Auseinandersetzung wurde immer härter. Nach und nach ging man sogar dazu über, Stollen in das Gebirge zu treiben, um ganze Bergrücken zu sprengen. Die Soldaten litten zunehmend unter Krankheiten und (wegen der extrem schlechten Versorgungslage insbesondere unter) Hunger, oft mit tödlichem Ausgang. Durch Lawinen und Steinschlag kamen mehr Menschen ums Leben als durch die direkten Kampfhandlungen. Die Soldaten auf beiden Seiten mussten in den Wintermonaten eine Kälte von bis zu 40 Grad minus ertragen. Temperaturen, die das menschliche Blut gefrieren lassen und die Waffen unbrauchbar machten.

Kaiser Franz Josef von Österreich

Kaiser Franz Joseph I.
Kaiser von Österreich-Ungarn
1830-1916

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"Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen. Wer die Gegenwart nicht versteht, kann die Zukunft auch nicht gestalten."

George Santayana
1863-1952



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