Gürtelfestungen zum Schutz wichtiger Städte

Entwicklung des Konzepts einer Gürtelfestung

Marc-René Montalembert
1714-1800

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts erlebte der Festungsbau erhebliche Umbrüche. Angestoßen wurden sie u.a. durch die Überlegungen des Marc-René Montalembert. Er wurde 1714 als Spross einer französischen Adelsfamilie geboren. Zeitlebens befasste er sich mit dem Festungsbau, der von der vauban'schen Schule geprägt war.

Montalembert fokussierte sich auf die Schwächen bastionärer Befestigungen. Ein Beispiel: Bisherige Festungen waren durch einen ständigen Wechsel von Bastionen und Kurtinen (also dem Wall zwischen den Bastionen) gekennzeichnet. Letztere sind aber bei einem Angriff gefährdet, da sie wegen ihrer großen Fläche frontal angegriffen werden können. Vorgelagerte Werke sollten das Probleme mindern. Das führte wiederum zu einer immer größeren räumlichen Ausdehnung und komplexen Strukturen. Es gilt jedoch: Je komplexer die Festung ist, desto schwerer kann man sie verteidigen.

Montalembert beschrieb erstmals die Idee, einen Ort nicht allein durch eine (bastionäre) Festung zu schützen, sondern durch mehrere kleinere, dem Ort vorgelagerte Forts zu befestigen. Diese Forts sollten einen polygonalen Grundriss haben, und sie sollten derart mit Artillerie ausgestattet sein, dass sie Angreifern das Aufbauen eigener Batterien verwehren können. Mit diesem Vorschlag war er seiner Zeit weit voraus.

Merkmale einer Gürtelfestung

Als Gürtelfestung bezeichnet man ein komplexes Verteidigungssystem - bestehend aus mehreren einzelnen Festungsanlagen, die ringförmig um eine zu schützende Stadt errichtet wurden. Zentrale Aufgaben der vorgelagerten, eigenständig agierenden Forts ist es, einerseits die Stadt vor Artilleriebeschuss zu bewahren und andererseits angreifende Verbände mindestens aufzuhalten, optimalerweise sogar zu stoppen.

Der Abstand zwischen der Stadt und den vorgelagerten Festungen wurde von der Reichweite der einsetzbaren Geschütze bestimmt. Über Jahrhunderte hinweg war diese recht kurz; es wurde auf Sicht geschossen und man konnte Ziele in einer Entfernung von maximal 1.500 Meter bekämpfen. Insofern lagen auch die detachierten Forts auf Sicht zur Stadtmauer. Später änderte sich das. Die Reichweite modernerer Geschützte nahm erheblich zu, so dass die vorgelagerten Festungen auch in größerer Distanz zur Stadt zu errichten waren. Diese Entwicklung erklärt auch, warum es Städte gibt, die über mehrere Festungsgürtel verfügen (Köln, Antwerpen).

Die Art und Weise neue Festungen zu errichten hat sich im Verlauf der Jahrhunderte und speziell im Verlauf des 19. Jahrhunderts grundlegend verändert. Preußische Festungsbauingenieure gingen hier früh einen Sonderweg und führten eine komplett neue Festungsbauschule (auch Festungsbaumanier) ein. Das Prinzip einer Gürtelfestung blieb in dieser Zeit allerdings unverändert.

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Gürtelfestungen im 18. Jahrhundert

Friedrich der Große - König Friedrich II von Preußen

Friedrich der Große

Natürlich spielte bereits im 18. Jahrhundert die Artillerie im Festungskrieg eine wichtige Rolle. Siehe: Entwicklung der Artillerie - Festungskriege.

Aus heutiger Sicht würde man auch von einer altertümlichen Artillerie sprechen. Dennoch: Es gab auch in dem Jahrhundert Verbesserungen.

Das führte dazu, dass sich deutsche Ingenieure gegen Anfang des 18. Jahrhunderts vom damals noch vorherrschenden Bastionärsystem lösten, welches stark von den Ideen Vaubans geprägt war.

Man setzte fortan auf einen sternförmigen Grundriss (also dem Tenaillen-System), den man allerdings etwas abwandelte, indem man vorgelagerte Werke zum zusätzlichen Schutz der Festung errichtete. Diese Werke wiederum erinnerten stark an losgelöste Bastionen und waren noch mit dem Hauptwall der eigentlichen Festung verbunden. Die Ingenieure schufen so eine neue Festungstypen, die als die altpreußische Befestungsmanier in die Geschichte eingehen soll.

Das gesamte Konzept wurde dann unter Friedrich dem Großen (1712-1786) zur Perfektion getrieben. Unter seiner Ägide entstanden mehrere Festungen, bei denen das Hauptwerk durch vorgelagerte Forts ergänzt wurde:

  • Glatz

  • Graudenz

  • Neiße

  • Schweidnitz

Gürtelfestungen im 19. Jahrhundert

Die Weiterentwicklung der Gürtelfestungen im Verlauf des 19. Jahrhunderts sollte man in zwei Abschnitte unterteilen.

a) Deutscher Festungsbau nach 1815

Friedrich Wilhelm III.

Die erste Periode markiert die erste Hälfte des Jahrhunderts. Nach dem Wiener-Kongress ließ der preußische König Friedrich Wilhelm III. das just seinem Reich zugeschlagene Rheinland militärisch sichern (Ausbau der Stadt Köln zu einer Gürtelfestung). Unabhängig davon begann der Deutsche Bund zum Schutz ausgewählter Städte wie Ulm oder Rastatt neue Festungen errichten.

In beiden Fällen setzte man darauf, der eigentlichen Festungsanlage, zahlreiche detachierte Forts vorzulagern. Die Festungen hatten allesamt den Zweck, den Franzosen im Fall abermaliger Aggressionen den Weg nach Osten zu verwehren. Dieser Periode ist aber noch eine weitere Besonderheit zuzuordnen: Frühere Festungen folgten dem Tenaillen-System, von dem sich die Preußen ebenfalls verabschiedeten. Sie setzten fortan auf Polygonal-Befestigungen wie sie Marc-René Montalembert wenige Jahrzehnte zuvor beschrieb.

b) Deutscher Festungsbau nach 1871:

Kaiser Wilhelm I.

Das noch junge Kaiserreich unter Wilhelm I. legte ein Programm zum Bau neuer Festungen auf.

Es galt die just vereinnahmten französischen Regionen Elsass-Lothringen zu schützen und die Ostgrenze des Reichs zu Russland militärisch auszubauen.

Diese Periode kennzeichnet, dass man fortan auf sogenannte Einheitsforts mit polygonalen Grundriss setzte (siehe: Biehler-Fort), die zentrale Bestandteile künftiger Gürtelfestungen sein sollen.

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