Festungen in der Lombardai
Seit den 1860er-Jahren verlief die Grenze des Königreichs Italien und Österreich-Ungarn von der Schweiz bis zum Gardasee und von dort aus bis zu den Karnischen Alpen weiter im Norden. Während die Lombardei und Venetien mit seiner für Italien wichtigen Landwirtschaft und schweren Industrie zu Italien gehörten, hatte Österreich-Ungarn die Vorherrschaft in Südtirol bzw. Trentino. Dieser Grenzverlauf war das Ergebnis mehrerer Unabhängigkeitskriege Italiens gegen die Donaumonarchie. Und es war gar nicht so abwegig, das es in absehbarer Zeit wieder zu Spannungen zwischen den beiden Monarchien kommt – obwohl die seit der 1890er-Jahre zusammen mit dem Deutschen Kaiserreich den Dreierbund bildeten – ein fragiles politisches Gebilde, was Italien nicht daran hinderte, 1915 auf der Seite der Entente in den Ersten Weltkrieg einzutreten.
Aus italienischer Sicht war diese Grenze schwer zu verteidigen, weil die österreichisch-ungarischen Truppen fast durchweg auf höherem Gelände positioniert waren. Obendrein gab es dort nur wenige für das Militär nutzbare Verkehrswege, die der nördliche Nachbar nach und nach militärisch zu sichern begann.
Um die Bedrohung der Lombardei und Venetien entgegenzuwirken begann Italien ebenfalls entlang der damaligen Grenze zu Südtirol und Trentino eigene Festungsanlagen zu erreichten. Der militärische Ausbau der Grenze erfolgte in drei Schritten, in den 1860er-Jahren, 1870er-Jahren und insbesondere zwischen 1900 bis zum Kriegseintritt Italiens in den Ersten Weltkrieg auf der Seite der Entente im Jahr 1915. Besonderes Augenmerk legte man dabei auf die Sicherung Venetiens - einem blutigen Schlachtfeld während des Ersten Weltkriegs.
Italienische Panzerfestung ab 1900
Wie bereits gesagt: Italien begann nach seiner Unabhängigkeit im Jahr 1866 mit dem militärischen Ausbau seiner damaligen Grenzen zu Österreich-Ungarn. Es galt die Lombardei und Venetien als die nördlichsten Landesteile des jungen Königreichs Italien zu schützen. Man reagierte damit auch auf die Aktivitäten der Kuk-Monarchie, die ihrerseits in Tirol und dem Trentino etliche neue Festungen zum Schutz ihres dortigen Machtanspruches errichteten.
Die italienischen Festungen waren anfangs klassische Polygonal-Befestigungen. Teilweise griff man auch auf bereits bestehende Werke zurück, die einst von Österreich-Ungarn in der Lombardei errichtet wurden. Spätestens mit der Jahrtausendwende änderte sich der italienische Festungsbau allerdings grundlegend. Die Artillerie hatte sich nämlich in den Jahrzehnten zuvor derart weiterentwickelt, dass herkömmliche Festungswerke als veraltet galten (siehe Brisanzgranatenkrise - interner Link).
Jetzt entstanden entlang der Grenze und dabei insbesondere in Venetien moderne Panzerfestungen, deren Baupläne sich grundlegend von früheren Festungen unterschieden. Sie hatten ein deutlich flacheres Profil und wurden nicht aus Bruchsteinen gemauert, sondern aus dem neuen Baustoff Beton errichtet. Ihn armierte man (teilweise) mit Eisen oder Stahl, was den Bauten eine höhere Festigkeit verlieh. Eine wichtige Eigenschaft im Fall eines Beschusses durch feindliche Artillerie.
Diese modernen Panzerfestungen waren obendrein reine Artilleriefestungen, die auf den Fernkampf ausgerichtet waren. Als Hauptbewaffnung wählten die Italiener 149-mm-Kanonen, die sie durch Panzertürme (mit einer 160-mm-Stahlkuppel) schützen. Anfangs handelte es sich bei diesen Panzertürmen um Modelle der englischen Firma Armstrong, Mitchell & Co.. Später produzierte man sie in Lizenz selbst, wobei es sich dann um Modelle der französischen Firma Schneider-Creuzot handelte. Man bestellte allerdings auch in Deutschland bei der Friedrich Krupp AG.
Nach und nach kamen die Ingenieure allerdings unter Zeitdruck (warum kann ich nicht sagen) und mussten obendrein Kosten bei der Errichtung neuer Festungen sparen. Sie begannen das Baumaterial zu variieren, was sich im Verlauf der Kämpfe nach Kriegseintritt Italiens auf Seite der Entente rächen sollte. So verwendete man beispielsweise beim Fort Vereno weiterhin Beton, verstärkte diesen aber nicht in der gewohnten Weise mit Stahl oder Beton. Das Ergebnis war, dass die Wände des Werks zwar die geforderte Stärke hatten, aber keinem Beschuss mit schwerem Kaliber standhalten konnten. Oder man verstärkte den Beton statt mit Stahl mit Steinen oder Holz, was den identischen Effekt hatte. Kurzum: Diese Sparmaßnahmen führten dazu, dass viele Festungen entlang der Grenze zu Österreich-Ungarn durch die 149-mm-Kanonen mit ihrer Reichweite von sieben bis elf Kilometern zwar eine enorme Kampfkraft hatten, aber gegenüber feindlichem Beschuss unzureichend geschützt waren.