Die Geschichte des Festungsbaus im schnellen Überblick

Im Verlauf der Geschichte brachte der Festungsbau verschiedene Befestigungssysteme bzw. verschiedene Grundrisse der Festungen hervor. In dem Zusammenhang spricht man häufig auch von verschiedenen Befestigungsmanieren. Im Wesentlichen unterscheidet man heute zwischen dem Zirkularsystem, Bastionärsystem, Tenaillensystem und dem sich im Verlauf des 19. Jahrhundert durchgesetzten Polygonalsystem. Ende des 19. Jahrhunderts wurden dann sogenannte Panzerfestungen entwickelt – sie waren in gewisser Weise eine Weiterentwicklung polygonaler Festungen.

Zirkularsystem

Zirkular- oder Kreisbefestigungen waren die Nachfolger früherer Burgen. Sie wurden nicht von speziell ausgebildeten Festungsbaumeistern, sondern von einfachen Handwerkern errichtet, die sich auf Geometrie verstanden und Konstruktionszeichnungen erstellen konnten. Ihre Baupläne sahen meist runde Wehrbauten vor, weil sich diese rundum gut verteidigen lassen. Sie überragten das Vorfeld, ragten aber nicht in die Höhe. Ihre Wälle boten gleichwohl einen ausreichend guten Überblick über das Vorfeld. Sie waren meist von einem tiefen Graben umgeben (trocken oder mit Wasser gefüllt), der den Angreifern das Annähern erschwerte und den Verteidigern mehr Zeit und Gelegenheit verschaffte, sie von ihrer erhöhten Position aus zu bekämpfen.

Bastionärsystem

Das Bastionärsystem prägte über Jahrhunderte hinweg den Festungsbau in Europa bzw. wurde von dem französischen Festungsbaumeister Sébastien Vauban (1633-1707) geprägt. Die Besonderheit des Bastionärsystems ist, dass die Walllinie stetig durch vorspringende, dreiwinklige Bauten (sogenannte Bastionen) durchbrochen wird, weil man von hier aus den Angreifer von allen Seiten beschießen konnte und gleichzeitig Tote Winkel (die man nicht bekämpfen konnte und wo sich feindliche Soldaten aufhalten konnten) vermied. Die Bastionen selbst wurden durch einen geradlinigen Wall (der Kurtine) verbunden. Dieser Stellte sich bald als Schwachpunkt heraus, so dass man vor diesem Wall abermals eine freistehende Bastion platzierte (eine Grabenschere). Im Vergleich zu den moderneren Festungen des 19. Jahrhunderts ragen diese Festungen sehr in die Höhe. Wichtig zu wissen ist, dass seinerzeit die Kanonen noch (altertümliche) Vorderlader waren – sie schossen nur auf kurze Distanz und hatten eine geringe Treffgenauigkeit.

Tenaillensystem

Das Tenaillensystem ist eine Weiterentwicklung des Bastionärsystem. Hier verzichtete man auf die zuvor genannte Kombination aus Bastionen und Kurtinen. Der Festungswall wurde so angelegt, dass ein Zusammenspiel aus stetig ein- und ausspringenden Winkeln entstand. Der Vorteil war u.a., dass sich diese Festungen besser in das Gelände einfügen ließen. Weiterhin gilt: Auch Festungen, bei denen der Grundriss des Tenaillensystems zur Anwendung kam, waren hoch aufragend. Die seinerzeit eingesetzte Artillerie zum Angriff oder zur Verteidigung der Festung war noch immer von geringer Reichweite und ebenfalls geringer Treffgenauigkeit geprägt.

Poligonalsystem und Gürtelfestungen

Mit der Einführung des Polygonalsystems (anfangs insb. in Belgien und Deutschland, ab der 1870er-Jahre auch in Frankreich) gingen verschiedene grundlegende Änderungen im Festungsbau einher. Anfangs reagierte man mit Polygonalfestungen auf die Schwächen der beiden zuvor genannten Festungsbaumanieren. Zentral war, dass die Frontlinie gradlinig war. Die Festungen selbst hatten den Grundriss einer Lünette – umgeben von einem Graben, in dem wiederum Verteidigungsstellung installiert waren. Zentral war, dass sich das Profil dieser Festungen deutlich verringerte, so dass angreifende Artillerie kaum anvisierbare Ziele hatten. Damit wollte man sich einem direkten Beschuss entziehen.

Strategisch wichtige Orte wurden obendrein immer durch eine Linie mehrere, einzeln stehender und autonomer Forts verteidigt, die sich mit ihrer eigenen Artillerie decken konnten und in deren Zwischenräume weitere Infanterie- und Artilleriestellungen positioniert wurden. Stichwort: Gürtelfestungen. Heißt: Man umgab zu schützende Orte mit einem Ring solcher Forts.

Später – mit dem Aufkommen moderner Hinterlader mit gezogenem Lauf (höhere Reichweite und deutlich höhere Treffgenauigkeit) musste man diesen Festungsring etliche Kilometer vor die Tore der Stadt verlegen, was erklärt, dass viele Städte von zwei Festungsringen umgeben waren (Köln).

In Belgien und insbesondere Deutschland (insbesondere im jungen Kaiserreich) setzte man konsequent auf Polygonal-Befestigungen. Henri Alexis von Biehler entwickelte sogar einen Standard, der als Einheitsfort in die Festungsbaugeschichte einging und der rund 70x zur Anwendung kam (Köln, Straßburg, Königsberg, Thorn etc.). Im Gegensatz dazu übernahmen die Franzosen dieses Prinzip erst in den 1870er-Jahren beim Bau der Barrière de Fer. Wesentlicher unterschied zu den Deutschen war allerdings, dass hier jede neu errichtete Festung einen eigenen Grundriss hatte. Einen Standard (wie das Biehlersche Einheitsfort) entwickelte man nie.

Panzerfestungen

In den 1880er-Jahren kamen Sprenggranaten auf, die – verschossen mit den modernen Hinterladern mit gezogenem Lauf – über große Distanz, treffsicher eine verheerende Zerstörungskraft hatten. Herkömmliche Festungen konnten dem nicht standhalten. Sie galten auf einen Schlag als veraltet. Anfangs besserte man sie auf, indem man bspw. Die Gewölbe der Kasematten mit einer dicken Betonschicht zum Schutz vor Granaten versah. Aber die Artillerie stand weiterhin unter freiem Himmel und war extrem gefährdet.

Festungsbauingenieure entwickelten daraufhin sogenannte Panzerfestungen – allen voran die Deutschen, die diesem neuen Festungstyp sogar einen eigenen Namen gaben: die Feste. Sie kennzeichnet, dass die Bauten nicht mehr gemauert, sondern aus Stahlbeton erstellt wurden (höhere Widerstandsfähigkeit), man das Profil der einzelnen Werke abermals verringerte (geringere Anvisierbarkeit) und man die Artillerie durch moderne Panzertürme schützte. Solche Panzerfestungen waren häufig reine Artilleriefestungen – auf den Feuerkampf über eine große Distanz ausgerichtet. Der Infanterie kam die Aufgabe der Nahverteidigung zu.

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